Ein kurzer, geschichtlicher Abriss.
Naturwissenschaftlich gesehen sind die wahrgenommenen Farben eine physiologisch-optische Sinnesempfindung, ausgelöst durch die Fähigkeit des menschlichen Auges, im Spektrum des sichtbaren Lichts (z.B. beim Regenbogen oder durch ein Glasprisma erzeugt) die Farben aufgrund der verschiedenen Wellenlängen zu unterscheiden (Farbensehen). Farben mit den Wellenlängen von ca. 450 bis 490 nm werden als Blau bezeichnet.
Die zwei größten natürlichen Phänomene der Erde - der Himmel und die Wasser der Meere, Seen und Flüsse – werden meist, obwohl deren Farbtöne oftmals wechseln, vom Auge als Blau empfunden. Bei Fauna, Flora und den Mineralien der Erde ist diese Farbe jedoch selten.
Während Erdfarben, in der Natur fertig vorkommende Farbpigmente - wie die Tonerden Umbra, Bolus u.a., aber auch Ocker, Graphit, Kreide, Gips usw. -, bereits durch mechanische Aufbereitung (z.B. Mahlen, Sieben, Schlämmen) in den Handel kommen und verschiedenste Anwendung finden, liefern bei geeigneter Behandlung Pflanzen und Tiere in Gewerbe und Kunst verwertbare Farbstoffe, mineralische Farbpigmente mussten jedoch aufwendig hergestellt werden. Um die Farbe Blau zu erhalten, wurden vor allem die pflanzlichen Farbstoffe des Waid und Indigo verwendet. Bei der Gewinnung der mineralischen Farbpigmente Ultramarin, Kobaltblau, Smalte u.a. nahm man die Mineralien Lasurstein (in Lapislazuli), Azurit, Malachit, Kupferlasur u.a.Pflanzliche Farbstoffe wurden früher überwiegend für das Färben von Textilien verwendet – Kleidung, Tuche, Teppiche u.a. , während mineralische Farbpigmente bei Gemälden, Tafel- und Buchmalerei, Glas, Keramik und anderen Kunstobjekten verwendet wurden. Die Farbe Blau jedoch nur in geringem Maße, da die Herstellung der Farbstoffe aufwendig und die der mineralischen Farbpigmente wegen der komplizierten Herstellungsverfahren zudem sehr teuer war.
Die Bedeutung der Kleiderstoffe und auch deren Farbgebung spielte vom Altertum bis in die Frühe Neuzeit als soziales Unterscheidungsmerkmal in der jeweiligen Gesellschaft eine größere Rolle als heute. Bezeichnend dafür war, dass die Verwendung bestimmter Farben - z. B. Purpur, Rot, Gold, auch Blau - auf die Kleidung sozial hochgestellter Personen beschränkt war. Die frühesten uns bekannten beständigen, farbechten blauen Farbstoffe wurden aus den Pflanzen Waid und Indigo hergestellt. Indigo wurde zuerst in Asien und Afrika verwendet. Die früher verwendete Technik des Textildrucks bzw. -färbens benutzte in Europa vor allem die blauen Farbstoffe des Färberwaids und seit dem 17. Jh. auch die der Indigopflanze.
Erstmals „synthetisierten“ die Ägypter vor ca. 4500 Jahren ein blaues Farbpigment (Ägyptisch Blau), um Keramik und Statuen zu bemalen und die Gräber der Pharaonen künstlerisch auszustatten, wobei sie gemahlenen Kalkstein, Sand und ein kupferhaltiges Mineral wie Azurit oder Malachit mischten und das Gemenge stark erhitzten. Es entstand ein undurchsichtiges blaues Glas. Um eine Farbe oder Glasur herzustellen, wurde das Glas gemahlen und die Partikel zusätzlich mit einem Bindemittel vermengt.
Griechen und Römern verwendeten die blaue Farbe auch als Anstreichfarbe für die Dekorationsmalerei an und in ihren Gebäuden, aber auch zur Färbung von Textilien, meist den aus Indien importierten Indigo-Farbstoff. Die Römer stellten sogar - laut Vitruv - ein dunkelblaues Pigment aus Indigo her. Ägyptisch Blau fand sich bei den Griechen in den Wandmalereien von Knossos, die Römer verwendeten es für die Fresken in ihren Villen, z.B. in Pompeij.
Eine blaue Farbe, die Lapislazuli als Pigment verwendete, tauchte erstmals im 6. Jh. n. Chr. in buddhistischen Gemälden auf, wurde in Ultramarin umbenannt und von italienischen Händlern im 14. und 15. Jh. n. Chr. nach Europa eingeführt. Diese Farbe wird auch als Lasur- oder Azurblau bezeichnet und war bei europäischen Künstlern sehr beliebt. Da sie aber ähnlich kostbar wie Gold war, wurde sie nur bei wichtigen Aufträgen verwendet, z. B. in religiösen Gemälden für die blauen Roben der Jungfrau Maria oder der Engel. Ultramarin blieb teuer, bis es im ersten Drittel des 19. Jh. von französischen und deutschen Chemikern synthetisiert wurde.
Kobaltblau (Cobaltaluminat) wurde in Ägypten (1550-1050 v. Chr.) und Persien (Smalte = Kalium-Silikatglas) zum Färben von Keramik und Schmuck verwendet, danach während der langen und oft turbulenten Zeitläufte vergessen. Im 6. Jh. n. Chr. wurde es in China wieder entdeckt und bis ins 9. Jh. zum Bemalen des Porzellans verwendet.
Eine „künstliche“ Version des Kobaltblau (Aluminat) wurde von dem französischen Chemiker Louis J. Thenard im Jahr 1802 entdeckt und bald darauf industriell produziert. Maler wie Renoir und van Gogh haben dieses neue Pigment statt des teuren Ultramarin verwendet.
Seit Chemiker zu Anfang des 19. Jh. die „künstliche“ Farbenherstellung entdeckt hatten - es wurden nicht nur die Farbpigmente Ultramarin und Kobaltblau synthetisiert, sondern auch die pflanzlichen und tierischen Farbstoffe und alle Erdfarben - beherrschen heute synthetische Farben mit mehreren tausend Farbstoffen und Farbpigmenten den Markt und haben die alten Farben völlig verdrängt.